Sicherheit im öffentlichen Raum – Rolle und Aufgaben von Städten

Leitüberlegungen des Deutsch-Europäischen Forums für Urbane Sicherheit e.V. (DEFUS)

08.03.2018

Die Terroranschläge von Nizza, Berlin und Barcelona stellen Städte vor neue Herausforderungen. Leben, Feste, Kultur und Sport im öffentlichen Raum sollen weiterhin ohne Einschränkungen möglich sein und das bei maximaler Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger. Wie dies gelingen kann, diskutierten 22 Vertreter aus 9 deutschen Städten am Freitag, 2. März, im Rathaus der Stadt Essen.

Die Stadt Essen und das Städtenetzwerk Deutsch-Europäisches Forum für Urbane Sicherheit (DEFUS e.V.) organisierten den lebendigen Austausch zwischen den kommunalen Verantwortlichen für Sicherheit und Ordnung und Fachreferenten.

Volker Trusheim vom Verfassungsschutz NRW klärte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die aktuelle Bedrohungslage auf. Verschiedene städtebauliche Maßnahmen zum Schutz vor Terroranschlägen stellte Detlev Schürmann, Experte für städtebauliche Kriminalprävention des Deutschen Forums Kriminalprävention vor. Einen Blick in die Zukunft der städtischen Sicherheit wagte Uwe Gerstenberg, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Consulting Plus.

Alle Vertreter waren sich einig, dass Poller, Blöcke und Barrieren nicht die einzige Lösung sind. Neben städtebaulichen Maßnahmen muss die Prävention von Radikalisierung eine wichtige Rolle spielen. Dennoch sind städtebauliche Maßnahmen zum Schutz von öffentlichem Raum an ausgewählten Plätzen notwendig.

Die Mitgliedsstädte des Deutsch-Europäischen Forums für Urbane Sicherheit (DEFUS e.V.) haben sich mit Blick auf die Herausforderung terroristischer Anschläge in unseren Städten auf einige Leitüberlegungen verständigt, die Grundlage unserer weiteren Anstrengungen zur Sicherung des öffentlichen Raums sein werden:

  • Die Städte sollen offene Orte bleiben, die jedermann zu jeder Zeit zugänglich sein sollen. Das Hochziehen von "Stadtmauern" und das "Schließen der Stadttore" verträgt sich nicht mit dem Bild einer pluralistischen und offenen Gesellschaft.
  • Die Produktion von Sicherheit für den öffentlichen Raum ist eine gemeinsame Herausforderung. Die Polizei, die Städte aber auch weitere staatliche Institutionen sowie wissenschaftliche, private und zivilgesellschaftliche Akteure sind aufgefordert, Lösungen zu entwickeln, die effektive Sicherheit herstellen, und gleichzeitig dem Anspruch an eine offene Gesellschaft genügen.
  • Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf einen angstfreien Aufenthalt auf den Straßen und Plätzen unserer Städte. Mögliche Risiken, durch Terror und Gewalt an Leib und Leben verletzt zu werden, müssen daher durch Polizei und Kommunen minimiert werden. Absolute Sicherheit kann in einer freien Gesellschaft aber nicht gewährleistet werden. Eine Haltung in der Bevölkerung, die zugleich von Sensibilität auf ungewöhnliche Veränderungen in ihrem Umfeld als auch von Widerstandskraft (Resilienz) im Falle eines Anschlags geprägt ist, muss Grundlage eines gesellschaftlichen Konsenses werden. Nur so ist zu verhindern, dass das eigentliche Ziel von Anschlägen, das freie und offene gesellschaftliche Leben durch Angst einzuschränken, erreicht werden kann. Dieses Bewusstsein zu fördern, ist auch eine staatliche Aufgabe.
  • Die Prävention von Radikalisierung sowie politischem und religiös begründetem Extremismus ist ein entscheidender Faktor für die langfristige Gewährleistung von Sicherheit im öffentlichen Raum. Ein ganzheitlicher Ansatz, der präventive städtebauliche Maßnahmen mit sozialen und politischen Präventionsmaßnahmen kombiniert, ist die Voraussetzung für die Herstellung tatsächlicher und gefühlter Sicherheit im öffentlichen Raum.
  • Die Städte brauchen dynamische Sicherheitsstrategien, die nicht lediglich auf vergangene Ereignisse reagieren, sondern zukünftige Gefahrenszenarien vordenken und geeignete Maßnahmen zur Prävention potentieller Gefahren frühzeitig entwickeln. Ein ‚vor die Lage kommen‘ ist sicherlich ein herausforderndes Ziel, muss aber mit Blick auf die katastrophalen Auswirkungen terroristischen Handelns Maßstab unseres Handelns sein.
  • Präventionsmaßnahmen zum Schutz des öffentlichen Raums dürfen sich nicht im ‚Zupollern‘ unserer Städte erschöpfen. Denn hier wird lediglich EIN terroristisches Anschlagsszenario mit großem finanziellem und personellem Aufwand bekämpft. Städtebauliche und weitere technische bzw. digitale/smarte Lösungen müssen in Modellversuchen entwickelt werden. Aus einem dann entstehenden Instrumentenkasten können die Städte ihre individuellen Lösungsstrategien entwickeln.
  • Die Abwehr von terroristischen Anschlägen ist keine originäre Aufgabe der Städte. Insbesondere die finanziellen Belastungen, z.B. Sicherung von Großveranstaltungen, dürfen nicht auf die Städte abgewälzt werden. Städte müssen zudem auch inhaltlich entlastet werden, zum Beispiel durch die Stärkung von Präventionsgremien auf Landesebene, die die Kommunen durch Beratung unterstützen.
  • Kommunen erwarten, dass Standards und Normen zur Zertifizierung entsprechender flexibler und dauerhafter baulicher Sicherungssysteme zügig entwickelt bzw. kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Rückfragen an:
Deutsch-Europäisches Forum für Urbane Sicherheit e.V.
Geschäftsführung Anna Rau
c/o Deutscher Präventionstag
Siebstraße 4
30171 Hannover
0511- 20397655
www.defus.de

Herausgegeben von:

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Das Deutsch-Europäische Forum für Urbane Sicherheit e.V. (DEFUS) tagte am 2. März in Essen. Foto: Anna Rau, DEFUS
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