Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses

03.09.2019

In einer nicht-öffentlichen Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses, zu der Ausschussvorsitzender und Verwaltung am heutigen Dienstag (3.9.) eingeladen hatten, berichtete die Verwaltung anlässlich des Todesfalls eines zweijährigen Jungen über den Fallverlauf, Qualitätsstandards im Kinderschutz, rechtliche Rahmenbedingungen und Hilfeansätze.

Einführung eines neuen Fachstandards zum Schutz von Kindern 2016

2016 führte die Stadt Essen einen neuen Fachstandard unter der Beteiligung und Beratung des Jugendhilfeausschusses zum Schutz von Kindern ein. Dieser Fachstandard bildet die Grundlage für die Arbeitsweise der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) im Kinderschutz, beinhaltet darüber hinaus auch eine Selbstverpflichtung des Jugendamtes, diesen immer wieder hinsichtlich seiner Qualität und Wirksamkeit zu überprüfen.

Aus diesem Grund wird im Fachstandard auf das Thema Qualitätsentwicklung ein besonderes Augenmerk gelegt und grundsätzliche Vorgehensweisen in Kinderschutzfällen beschrieben. So befasst sich das Jugendamt aktuell mit einem strukturierten Verfahren zur Betrachtung kritisch verlaufener Einzelfällen, der Jugendhilfeausschuss wird regelmäßig über den Essener Kinderschutz informiert, ein Qualitätszirkel beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung der Verfahren, die ASD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten Gruppen- und im Bedarfsfall Einzelsupervision sowie Fortbildungen zu allen Themen, die den Kinderschutz tangieren.

Das Jugendamt verfolgt jede Meldung auf Kindeswohlgefährdung

Im Jahr 2018 kam es in der Altersgruppe von 0 bis 6 Jahren in Essen zu insgesamt 753 Meldungen für eine Kindeswohlgefährdung. Jeder Meldung ging das Jugendamt nach. Davon zeigte sich in 323 Fällen eine tatsächliche Kindeswohlgefährdung. In 149 Fällen führte das Jugendamt Schutzmaßnahmen durch.

In Essen entgegen des NRW-Trends sinkende Verdachtsfälle

Die Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung haben in Nordrhein-Westfalen deutlich zugenommen. Unter Kindeswohlgefährdung fallen unter anderem Misshandlung und Vernachlässigung sowie eine sexuelle Gewaltanwendung. Laut dem Landesbetrieb IT.NRW stieg deren Zahl im Jahr 2018 auf 43 375 Fälle. In Essen kam es dagegen seit 2016 zu sinkenden Verdachtsfällen – 2016 waren es noch 2309 Verdachtsfälle, 2017 ging die Zahl auf 1827 zurück und 2018 waren es noch 1391. 2018 musste das Jugendamt 522 Kinder und Jugendliche zum Schutz der Betroffenen in Obhut nehmen. Im Jugendamt sind aktuell 130 vollzeitäquivalente Stellen im Allgemeinen Sozialen Dienst angesiedelt, davon ausgehend wird die Personalstärke mit weiteren 10 Stellen auf 140 erhöht.

Der Jugendhilfeausschuss hat sich in der heutigen Sitzung intensiv mit dem Fall des verstorbenen zweijährigen Jungen auseinandergesetzt. Das Jugendamt hat nachvollziehbar dargestellt, dass es seinen Auftrag, Hilfen für die Kinder und die Familie bereit zu stellen, nachgekommen ist. Zu keinem Zeitpunkt war für das Jugendamt eine Tötungsabsicht erkennbar.

Der Jugendhilfeausschuss begleitet das Handeln des Jugendamtes der Stadt Essen und wird das Thema Kinderschutz weiterhin regelmäßig auf der Agenda haben und sich über aktuelle Entwicklungen und Erfordernisse im Kinderschutz informieren.

Hintergrund Kindeswohlgefährdung:

Als Kindeswohlgefährdung gilt bereits seit den 1950-er Jahren „eine gegenwärtige in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasst“ (BGH FamRZ. 1956, S. 350). Gemäß dieser Definition müssen drei Kriterien gleichzeitig erfüllt sein, damit von einer Kindeswohlgefährdung auszugehen ist:

  • Die Gefährdung des Kindes muss gegenwärtig gegeben sein.
  • Die gegenwärtige oder zukünftige Schädigung muss erheblich sein.
  • Die Schädigung muss sich mit ziemlicher Sicherheit vorhersehen lassen, sofern sie noch nicht eingetreten ist.

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