Ergebnisse der PCB-Messungen in Essen-Kray liegen vor

25.07.2017

Der Essener Stadtteil Kray stand wegen der bereits seit Jahren bestehenden Luftbelastung durch PCB (polychlorierte Biphenyle) auch in 2016 wieder im Blickpunkt der Bezirksregierung Düsseldorf als Überwachungsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) und des Umweltamtes der Stadt Essen. Jetzt liegen die aktuellen Ergebnisse der Messungen vor. Diese zeigen, dass die Belastungen während des zurückliegenden Messzeitraums weiterhin hoch waren.

Ergebnisse des aktuellen Gutachtens

Im Umfeld der Firma Richter betreibt das LANUV seit Jahren Messstellen zur Überprüfung der Schadstoffbelastung, an denen Grünkohl aufgrund seiner großen Blattoberfläche als Bioindikator eingesetzt wird.

Da der Gesetzgeber keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte festgelegt hat, wird die sogenannte regionale Hintergrundbelastung als Vergleichswert für eine Beurteilung zugrunde gelegt. Für dioxinähnliche PCB wird zusätzlich der so genannte EU-Auslösewert herangezogen. Dieser beruht auf einer Empfehlung der EU-Kommission vom 3. Dezember 2013 zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln (2013/711/EU). Wird dieser Wert überschritten, müssen Ursachen für die hohen, den Hintergrund überschreitenden, Werte ergründet werden und Maßnahmen zu deren Verringerung eingeleitet werden.

Im Jahr 2016 wurde erneut anhand von Grünkohlproben die PCB-Belastung gemessen. Insgesamt wurden an 19 Messpunkten Untersuchungen durchgeführt. Die aktuellen Ergebnisse weisen im Vergleich zur üblichen Hintergrundbelastung im Ruhrgebiet wieder um ein Vielfaches erhöhte Werte im Umfeld der beiden Standorte der Firma Richter aus. Messpunkte nördlich des Shredders an der Joachimstraße hatten in den Jahren 2014 und 2015 sehr hohe PCB-Gehalte im Grünkohl gezeigt, sodass in 2016 das Untersuchungsprogramm um weitere Messpunkte ergänzt wurde.

So wurde in 2016 die höchste Immissionsbelastung durch PCB (PCBgesamt und dioxin-ähnliche dl-PCB) an dem neu hinzugekommenen Messpunkt am "Bonifaciusring" gemessen, der in der Hauptwindrichtung östlich des Betriebsgeländes an der Rotthauser Straße liegt. Ein weiterer Belastungsschwerpunkt befindet sich an dem nördlich des Betriebsgeländes an der Joachimstraße gelegenen Messpunkt "Kruckenkamp".

An einigen Messpunkten gibt es aber auch leichte Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr, beispielsweise am Messpunkt im Wohngebiet Fichtel-straße, der sogenannten "Kleinen Schweiz".

Weiter Nichtverzehrempfehlung für Gemüse

Da PCB zu 90 Prozent über die Nahrung aufgenommen wird, empfehlen die Stadt Essen und das LANUV Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern in den betroffenen Bereichen, weiterhin vorsorglich auf den Anbau und Verzehr von Grünkohl und anderem Blattgemüse wie Mangold, Endivie oder Spinat zu verzichten.

Auf Veranlassung des LANUV wurde durch aktuelle, weiterführende Untersuchungen nachgewiesen, dass in Nahrungs- und Futtermittelproben der landwirtschaftlichen Flächen "Am Mechtenberg" keine erhöhten Belastungen an PCB und dl-PCB vorliegen. Weil die Shredderanlagen der Firma Richter seit Ende 2016 nicht mehr betrieben werden und davon auszugehen ist, dass sich die Belastung entsprechend minimiert, kann auf eine Ausweitung der Nichtverzehrempfehlung verzichtet werden.

Keine Gesundheitsgefährdung durch das Spielen im Freien

Auch wenn die gemessenen Werte über der durchschnittlichen Belastung im Ruhrgebiet liegen, besteht keine Gesundheitsgefährdung. Deshalb ist auch der Aufenthalt im Freien unbedenklich. Dies gilt uneingeschränkt auch für Kinder. Das Angebot des Gesundheitsamtes der Stadt Essen an betroffene Bürgerinnen und Bürger, individuelle gesundheitliche Beratungen und Untersuchungen vornehmen zu lassen, besteht weiterhin.

Weitere Entwicklung

Als Hauptverursacher der hohen PCB-Belastung steht der Recyclingbetrieb der Firma Richter, der mit zwei großen Standorten im Stadtteil Essen-Kray vertreten war, im Fokus der Behörden. Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte der Firma seit Jahren unterschiedliche Auflagen gemacht, um die vom Betrieb ausgehenden Emissionen soweit wie möglich zu senken. Insbesondere Messungen im Abgas der Shredderanlagen machten in 2016 deutlich, dass gasförmige PCB-Emissionen dieser Anlagen den Hauptanteil der PCB-Belastung im Stadtteil bewirken.

Aus wirtschaftlichen Gründen hatte die Firma Richter zum 31.12.2016 beschlossen, die Shredderanlagen an beiden Betriebsstandorten außer Betrieb zu nehmen und auf die Genehmigung zum Betrieb dieser Anlagen rechtskräftig zu verzichten. Anfang 2017 ging die Firma Richter in die Liquidation und beantragte im April 2017 Insolvenz.

Die Firma Richter hat mittlerweile den gesamten Betrieb an beiden Standorten stillgelegt. Deswegen ist davon auszugehen, dass die PCB-Immissionen ab dem Jahr 2017 deutlich zurückgehen werden. Trotzdem können durch Demontage- bzw. Aufräumarbeiten auf den beiden Betriebsgeländen noch Schadstoffe freigesetzt werden, auch wenn dem mit Staubminderungsmaßnahmen entgegengewirkt wird.

Die weitere Nutzung der beiden Betriebsgrundstücke ist derzeit noch unklar. Die vorhandenen Genehmigungen der Firma Richter behalten 3 Jahre nach der tatsächlichen Stilllegung ihre Gültigkeit und können – bis auf die Shredderanlagen - wieder aktiviert werden. Einer Anzeige durch die Firma Source Montan Handels GmbH zur Wiederinbetriebnahme der Anlage zur Lagerung und zum Umschlag von Erdkabeln auf dem Betriebsgelände an der Joachimstraße wurde durch die Bezirksregierung Düsseldorf bereits entsprochen. Eine weitere Anzeige zur Wiederinbetriebnahme der beiden Doppelrotormühlen und des Nichteisen-Abscheiders wird durch die Bezirksregierung geprüft, sobald die Unterlagen vollständig vorliegen.

Die Stadt Essen hat mit Datum vom 06.07.2017 einen Aufstellungsbeschluss für die Überplanung des Gebietes gefasst, unter anderem mit dem Ziel, wohngebietsverträgliches Gewerbe anzusiedeln.

Das LANUV wird auch im Jahr 2017 in Essen-Kray erneut PCB im Grünkohl messen, um zu überprüfen, wie sich die Belastung nach der Stilllegung der beiden Betriebsstandorte durch Demontage- und Aufräumarbeiten entwickeln wird.

Die Bezirksregierung Düsseldorf, das LANUV und die Stadtverwaltung arbeiten intensiv daran, die Umweltbelastungen durch PCB im Stadtteil Kray weitestgehend zu minimieren. Auch in diesem Jahr – voraussichtlich nach den Sommerferien – wird es einen Bürgerinformationsabend geben. Einladungen dazu folgen.

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