Kinderschutz in Essen – Jugendamt brachte 2022 zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen auf den Weg

14.09.2022

Der Jugendhilfeausschuss wurde in seiner gestrigen (13.09.) Sitzung über die aktuelle Situation des Kinderschutzes in Essen informiert. Im Jahr 2022 setzte das Jugendamt zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der Kinderschutzqualität um, wie zum Beispiel die Kooperation mit der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf zur Weiterbildung der Mitarbeiter*innen. Im Mai wurden erste Fortbildungen durchgeführt. Ab der zweiten Hälfte des Jahres 2022 wurden Fortbildungen für den Bereich der Gefährdungseinschätzung im Kinderschutz konzeptionell geplant und für alle Mitarbeiter*innen des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) terminiert. Zur Verbesserung der fachlichen Unterstützung für sehr junge Mitarbeiter*innen, werden aktuell die Teamkoordinator*innen von der eigenen Einzelfalltätigkeit entlastet. Dadurch resultiert eine verbesserte Begleitung der Falleingangsphase und weitergehende Unterstützung im Risikofeld des Kinderschutzes.

Neue Beratungsstruktur bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

Der Rat der Stadt Essen hat im vergangenen Jahr (22. September) die Einrichtung einer spezialisierten Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche beschlossen. Das Jugendpsychologische Institut (JPI) der Stadt Essen und der Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Essen e.V. (DKSB OV Essen e.V.). treiben den quantitativen und qualitativen Ausbau der Hilfen und Strukturen der spezialisierten Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Essen voran. Mit diesem Angebot werden betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien beraten. Hinzukommen die Beratung von Institutionen sowie die Netzwerkarbeit und Qualifizierungsangebote für Fachkräfte. In Essen kann man sich zum Beispiel kostenfrei und vertraulich an alle Familienberatungsstellen wenden, insbesondere an die neue Spezialisierte Beratung gegen Sexualisierte Gewalt beim Jugendpsychologischen Institut der Stadt Essen (Telefon: 0201 88-51333, 0201 88-51800, 0201 88-51349) und dem Kinderschutzbund (Telefon: 0201 202012). Körperliche Untersuchungen sowie eine vertrauliche Spurensicherung führt die Kinderschutzambulanz des Elisabeth-Krankenhauses durch (Telefon: 0201 8973352). Zu Fragen der Strafverfolgung berät die Opferschutzbeauftragte der Kriminalpolizei (Gewaltprävention – Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Bettina König Telefon: 0201 8295454).

Einführung des Landeskinderschutzgesetzes - wesentliche Erfordernisse bereits umgesetzt

Mit der Einführung des Landeskinderschutzgesetzes (9. Juni) wurde die Beratungsstruktur weiter unterstützt und strukturell gestärkt. Zu den wesentlichen Veränderungen auf der gesetzgeberischen Ebene zählt die Reform des SGB VIII, die als Kinder- und Jugendstärkungsgesetz sowohl in Bezug auf das Leistungsspektrum der Jugendhilfe als auch auf die Sicherstellung des Kinderschutzes eine deutliche Weiterentwicklung darstellt. Der Gesetzgeber fordert die öffentliche Jugendhilfe auf, das Leistungsspektrum zu erweitern, den Kinderschutz zu stärken, die Zugänge zu Beratungs- und Hilfeleistungen für Minderjährige zu erleichtern sowie Übergänge in andere Leistungssysteme vorzubereiten und zu begleiten. Im direkten Kinderschutzgeschehen ist die Befugnis der gegenseitigen Informationsweitergabe zwischen Jugendamt und sogenannten Berufsgeheimnisträger*innen in der Jugendhilfe erweitert worden, mit dem Ziel, auch meldende Institutionen und Personen in die Gefährdungseinschätzung miteinbeziehen zu können. Bereits jetzt werden über den in Essen etablierten Fachstand fachlich wichtige Impulse gesetzt, die jetzt mit der Intention des Gesetzgebers im Zuge der Reform übereinstimmen. Der Qualitätszirkel Kinderschutz überprüft aktuell, an welchen Stellen dennoch eine Modifizierung und Weiterentwicklung der bisherigen Prozesse im Kontext des Kinderschutzes angezeigt sind. Der Fachstandard Kinderschutz wird entsprechend überarbeitet und erweitert.

Fallzahlenentwicklung in Essen – 1.026 festgestellte Kindeswohlgefährdungen 2021

Die Gesamtzahl der Kinder, zu denen es eine Überprüfung möglicher Kindeswohlgefährdungen gab, ist gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent gestiegen (siehe Abbildung rechts). Es gab auch einen leichten Anstieg der festgestellten Gefährdungssituationen gegenüber dem Vorjahr (plus 2,2 Prozent). Im längerfristigen Vergleich wird deutlich, dass sowohl die Anzahl der Einschätzungen als auch die Zahl der Kinder mit festgestellten Gefährdungen kontinuierlich ansteigt. So gab es zum Beispiel im Jahr 2018 insgesamt 577 festgestellte Kindeswohlgefährdungen, im Jahr 2021 bereits 1.026.

Steigende Zahlen beim Kinder- und Jugendnotruf in Essen

2021 ist erneut eine erhebliche Steigerung beim Kinder- und Jugendnotruf in Essen gegenüber den Vorjahren zu verzeichnen (siehe Abbildung rechts). Hier gab es insbesondere keinerlei Rückgang aufgrund der Pandemie – im Gegenteil: sowohl bei den Einsätzen vor Ort (bei Familien) als auch bei der Anzahl der involvierten Kinder und auch der Kinder, die vorläufig durch Inobhutnahme zu schützen waren, fand wie in den Vorjahren eine erhebliche Steigerung statt. Alle Zahlen haben seit 2015 eine Vervierfachung, teilweise eine Versechsfachung erfahren.

Beratungen durch insoweit erfahrene Fachkräfte (InsoFa)

Mit Beginn des Jahres 2018 wurde die InsoFa neu organisiert. Seitdem findet die anonyme Beratung in Kinderschutzfragen durch eine kleine spezialisierte Fachgruppe im Jugendamt, unabhängig von den Sozialen Diensten, statt. Das Angebot richtet sich an alle Menschen, die beruflich mit Kindern zu tun haben. Immer, wenn Fragen einer möglichen Kindeswohlgefährdung im Raum stehen, sollte eine Fachberatung in Anspruch genommen werden. Das Angebot wird fortlaufend breit beworben. Um eine einfache Erreichbarkeit sicherzustellen, erfolgt die Anmeldung über ein Internetformular www.essen.de/fachinfo-sozialedienste. Anhand der Anzahl von anonymen Fallberatungen pro Jahr zeigt sich, dass dieses Angebot gut angenommen wird. Wurden im Jahr 2018 insgesamt 150 anonyme Fallberatungen durchgeführt, waren es im Jahr 2019 bereits 230, 2020 insgesamt 286 und 252 Fallberatungen im Jahr 2021.

Wer Hilfe braucht, kann sich direkt unter folgenden Nummern melden

Für Kinder und Jugendliche, die in Essen in Not geraten, gibt es eine Telefonnummer, unter der sie rund um die Uhr Rat, Hilfe und Schutz bekommen können: 0201 265050. Auch Eltern und Angehörige, die unmittelbar Rat und Hilfe benötigen, können dort jederzeit anrufen. Das Jugendamt und Diakoniewerk Essen teilen sich den Dienst am Telefon. Während der Notruf tagsüber vom Jugendamt entgegengenommen wird, erreichen Anrufer*innen außerhalb der Bürozeiten das Diakoniewerk Essen.

Die Bezirksstellen der Sozialen Dienste sind nach wie vor mit Termin in den Bezirksstellen erreichbar. Die Ansprechpartner*innen vor Ort sind hier zu finden www.essen.de/sozialedienste.

Unter der Nummer 0201 88-51033 erreichen Kinder, Jugendliche und Eltern ein Familienberatungstelefon mit Fachkräften wie Psycholog*innen, Sozialpädagog*innen, Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen. Das Team unterstützt Eltern, Kinder und Jugendliche beim Finden von Lösungen und beim Meistern kleiner und größerer familiärer Krisen. Auch Beschäftigungsangebote, Informationen zur Tagesstruktur, Fragen zum Lernen und zur Hausaufgabenunterstützung oder Tipps zu Gesprächen mit Kindern über die Corona-Erkrankung können dort erfragt werden. Das gemeinsame Familienberatungstelefon ist montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr erreichbar. Die Beratung erfolgt freiwillig, vertraulich und kostenfrei.

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Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls 2013 bis 2021.

Statistik Kinder- und Jugendnotruf Essen 2015 bis 2021.
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