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Mobilität
Stadtverwaltung
15.12.2025
5 Min

Mit COMO schneller durch die Stadt

Ausbau eines digitalisierten Verkehrsmanagements gestartet


Langsam quält sich die Blechlawine über die Wuppertaler Straße/Ruhrallee bis zur Kurfürstenstraße/Kronprinzenstraße, um von dort weiter in Richtung Innenstadt oder Steele weiterzukommen. Geduld ist insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten nötig, wenn viele Fahrzeuge aus den angrenzenden Gebieten den Weg auf die Bundesstraße (B) 227 suchen.

Tag für Tag passieren rund 50.000 Fahrzeuge die Strecke mit ihren 18 Ampeln (Lichtsignalanlagen).
Jetzt, in der kalten Jahreszeit mit wenig Ferientagen, dürften es noch ein paar mehr werden.

"Fünf Programme standen den Ampeln bisher zur Verfügung, um in ihrem begrenzten Bereich den Verkehr zu optimieren", sagt Andreas Demny. Die Technik mit Induktionsschleifen stammt aus den 1980er Jahren und die mit Radar aus den 2000er Jahren. "Miteinander kommunizieren, um sich abzustimmen, welche Schaltung auf der gesamten Strecke den Verkehr optimiert, konnten sie nicht", fährt der stellvertretende Fachbereichsleiter des Straßenverkehrsamtes der Stadt Essen fort.

Das ändert sich im kommenden Jahr. "Wir haben rund 14 Millionen Euro in das System COMO (Connected Mobility Essen), ein modernes, digitalisiertes Verkehrsmanagement, investiert." Mit zehn Millionen Euro beteiligt sich der Bund an dem neuen System. Das wird zusätzlich auch in den nördlichen Hauptverkehrsstraßen (Gladbecker-, Borbecker- und Altenessener Straße) eingesetzt und erprobt. COMO könne auch die Daten der alten Systeme nutzen, sodass nicht nur die Hauptverkehrsadern, sondern weitere Bereiche im Umfeld optimiert werden können.







Vorteile für die Bürger*innen

Ziel ist es, Fahrzeuge im Essener Stadtgebiet schnell und möglichst schadstoffarm an den gewünschten Ort zu bringen. "Und dafür benötigen wir Daten. In den zurückliegenden Monaten haben wir alle Ampeln in den genannten Bereichen mit digitalisierter Technik ausgerüstet", sagt Andreas Demny. Dazu zählen unter anderem 54 Kameras. Sie erkennen, wie viele Lastwagen, Busse, Autos, Fahrräder, E-Scooter oder Menschen an einer Fußgängerampel unterwegs sind. Das Wissen um die Art der Straßenbenutzer helfe, die Haltezeiten vor Ampeln zu vermindern und zu optimieren.

Die entsprechende Abstimmung übernimmt in den kommenden Jahren Künstliche Intelligenz (KI), "die die Daten viel schneller als ein Mensch einordnet und eine passende Optimierung findet." Denn neben den reinen Verkehrsdaten, auch von den älteren Systemen des Straßenumfeldes, erhält die KI noch Umweltdaten von zusätzlich eingebauten Sensoren auf den Strecken. Die messen Stickoxide und Feinstaub. Daneben verarbeitet die KI die aktuellen Informationen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW.

Zusätzlich fließen Informationen aus den aktuellen überörtlichen Verkehrsdaten der Mobilitätsplattform des Bundes mit ein. Außerdem erhält die KI-Informationen, in welchen Parkhäusern wie viele freie Plätze vorhanden sind. Auch die Wetterentwicklung (Schnee, Regen, Glatteis), Unfälle und Veranstaltungen mit hohem Fahrzeugverkehr kennt die KI. Zusätzlich stellt die Ruhrbahn die Fahrrouten und -zeiten ihrer Busse und Bahnen zur Verfügung, um Verspätungen zu vermeiden.

Aus diesen Informationen ergibt sich ein Bild, wie alle Verkehrsteilnehmenden so schnell wie möglich an ihre Ziele gelangen.

Verkehrsinfotafeln im Stadtgebiet installiert

Im Gegenzug stellt die KI den Verkehrsteilnehmenden ihr Wissen auf zunächst acht digital gesteuerten Matrixtafeln an den Straßenrändern zur Verfügung. Sie informiert über mögliche Alternativrouten bei Verkehrsbehinderungen, Außentemperaturen, freie Parkplätze sowie Fahrzeiten.
Mittel- bis langfristig könnten auch die Informationen der Autobordcomputer in die Planung mit einfließen, um gegebenenfalls die Geschwindigkeiten anzupassen.

Die ersten Informationstafeln sind bereits installiert. Sie stehen an folgenden Standorten:

  • Bottroper Straße, Höhe Cathostraße
  • Gladbecker Straße, Höhe Johanniskirchstraße
  • Grillostraße
  • Victoria-Mathias-Straße
  • Hans-Böckler-Straße, Höhe Pferdebahnstraße
  • Katzenbruchstraße, Höhe Am Kreuz
  • Segerothstraße, Höhe Niederstraße
  • Wuppertaler Straße, Höhe Konrad-Adenauer-Brücke

Viel Technik ist in den kommenden Monaten verbaut worden, um die Ampeln auf den Teststrecken (Reallaboren) miteinander zu verbinden.







Essener Straßennetz umfasst rund 1.700 Kilometer

Das Essener Straßennetz mit einer Länge von rund 1.700 Kilometern, von denen 300 Kilometer das Hauptverkehrsnetz ausmachen, verkraftet aber nur eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen. "Ab Januar 2026 lernen wir, das Netz mit der KI zu optimieren. Im September 2026 zieht das Team aus der provisorischen Verkehrsmanagementzentrale in die neuen Räume um", kündigt Andreas Demny an. In den kommenden acht Jahren will sein Team 100 weitere Ampelanlagen auf die neue Technik umstellen, beginnend mit der Alfredstraße, der Stoppenberger Straße und dem Altendorfer Ring. Ein wichtiger Schritt, denn ab 2030 gelten neue Grenzwerte, die um die Hälfte der heute zugelassenen sinken. Bei der Finanzierung der Maßnahmen geht der stellvertretende Fachbereichsleiter von weiteren Bundesförderungen aus.

Die Umsetzung der Modernisierung sei kompliziert: "Mal eben die Ampeln umrüsten, geht nicht", weiß Andreas Demny aus den inzwischen gemachten Erfahrungen. Für die Verbindung zwischen den Ampeln müssen Glasfaserkabel gelegt werden.
"Man glaubt gar nicht, wer wo überall Leitungen liegen hat. In den seltensten Fällen liegen Leerrohre zwischen den Ampeln."
Dazu komme, dass viele alte Pläne von Leitungen und Kanälen in den 40er Jahren verbrannten oder beim Wiederaufbau nicht alles eingemessen worden ist. Doch bis alle 650 Ampeln im Stadtgebiet auf dem neuesten Stand sind, wird es dauern. Aus Gründen des Datenschutzes und der Übermittlungssicherheit kommen Funkverbindungen nicht in Betracht. Sie seien zu anfällig für Störungen.

Datenaustausch - Mobilithek - Deutschlandweit

Der digitale Zwilling

Bei Fragen rund um den Essener "Untergrund", das Straßenbild und die Suche nach Plänen und Leitungen steht Dr. Frank Knospe, Fachbereichsleiter Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster, bei den Planungen hilfreich zur Seite. Das Amt stellt Daten rund um den Straßenraum zur Verfügung. Dazu zählen Häuser, Bäume oder Sträucher ebenso wie Oberleitungen, Schachtdeckel, Einläufe oder Gasschieber. Auch Fahrbahnmarkierungen, Risse in der Oberfläche, Schlaglöcher, Spurrillen, Neigungen oder Brücken zählen dazu. "Ein speziell ausgerüstetes Fahrzeug erkennt diese Daten und speichert sie entsprechend ab. Wir können damit auch erkennen, wie sich beispielsweise der Baumumfang im Verlauf eines Jahres verändert – bis auf drei Millimeter genau." Die Informationen rund um das Straßenbegleitgrün erhielten mit Blick auf die Schadstoffe eine immer wichtigere Rolle. "Bäume, Sträucher und Grünflächen speichern und filtern Luftschadstoffe und Feinstaub. Um das Grün zu optimieren, überprüfen wir über Sensorik auch noch das verfügbare Wasser für neu angepflanzte Bäume und Sträucher. Das verhindert ein Absterben der Jungbäume in den zunehmenden Trockenperioden." Grün sei eben als zusätzlicher Faktor mit zu berücksichtigen.

"Wir müssen es schaffen, in den kommenden fünf Jahren die Schadstoffmengen erheblich zu reduzieren", sagt Dr. Frank Knospe. Auch er hat die Halbierung der heute gültigen Schadstoffemissionen ab dem Jahr 2030 fest im Blick. "Wenn wir heute nicht reagieren, kann das in wenigen Jahren bei Grenzwertüberschreitungen zu Fahrverboten führen." Betroffen wären dann vor allem Privatfahrzeuge mit Diesel-, Gas- oder Benzinmotoren (Verbrennerfahrzeuge). Und davon gibt es viele im Stadtgebiet. Allein in den vergangenen zehn Jahren wuchs der Anteil der Kraftfahrzeuge in Essen von rund 327.000 im Jahr 2015 auf rund 375.000 in diesem Jahr an. Die Essener Bevölkerung wuchs im Vergleich lediglich um 12.000 Menschen.

Zusätzlich nutze das Amt Daten des europäischen Satelliten-Systems Copernicus für eine regionale Sicht mit vielen weiteren Umweltmessungen und gleiche sie mit den eigenen Daten ab. "Dank der Informationen aus dem All können wir die Herkunft von Schadstoffen genau bestimmen."

Georadar erkennt Strukturen unter der Oberfläche

Das eingebaute Georadar des Spezialfahrzeuges erkennt im Untergrund außerdem Strukturen bis zu einer Tiefe von sieben Metern. Damit erkennen die Experten unter anderem Schäden im Straßenunterbau, "die von der Oberfläche aus nicht sichtbar sind", so Dr. Frank Knospe. Anhand dieser und der COMO-Daten lassen sich frühzeitig Unterhaltungsmaßnahmen planen. COMO ergänze somit auch das bestehende Infrastruktur-Kataster-Straße der Stadt Essen. "Mit dem neuen System erhöhen wir die jährlichen Einsparungen in Höhe von mehreren Millionen Euro im Straßenbau noch weiter. Nachträge werden vermieden und die Instandsetzung durch das Wissen um die Art der Schäden schneller."

Die Palette beider Systeme reiche von der Asphaltierung bis hin zur grundhaften Erneuerung. Auch Essener Brücken überprüfe der Wagen mit seinem Spezialgerät auf ihre Sicherheit. "Sichtprüfungen von Experten können eben nicht unter die Oberfläche schauen, wie das Radarsystem es kann."

Zusätzlich ergäben sich aus dem Einsatz noch einige weitere Nebennutzungen: "Wir erkennen zur Freude der Archäologen unter anderem Relikte längst vergangener Zeiten." Das Spektrum reiche von der Weltkriegsbombe über tausend Jahre alte Gebäudeanlagen bis hin zu Rissen oder drohenden Tagesbrüchen als Folgen des Bergbaus sowie Wasserunterspülungen.

Datenbereitstellung und Bürgerinformation


Gesammelte Fahrzeugdaten sind sicher

Ein projektbegleitendes Datenschutz- und Informationssicherheitskonzept stellt sicher, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Die Insassen von Fahrzeugen sind nicht erkennbar, ebenso wenig wie die Fahrzeugkennzeichen oder Personen im öffentlichen Raum. "Wir legen großen Wert auf Datenschutz und -sicherheit", betont Andreas Demny.

Weitere Infos unter: www.essen.de


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