"Zerstörung, Verfall – und Wiederaufbau? Ehemalige Synagogen in der ukrainischen und rumänischen Bukowina nach 1989". Vortrag von Dr. Mykola Kuschnir

Am Donnerstag, 15. März, um 19 Uhr im Seminarraum der Alten Synagoge. Der Eintritt ist frei.

12.03.2018

"Zerstörung, Verfall - und Wiederaufbau? Ehemalige Synagogen in der ukrainischen und rumänischen Bukowina nach 1989" ist der Titel des Vortrags, den Dr. Mykola Kuschnir am Donnerstag, 15. März, um 19 Uhr im Seminarraum der Alten Synagoge hält.

Die Wehrmacht hatte in der Ukraine von 1941 bis 1944 jüdisches Leben fast vollständig zerstört. Es blieben einzelne leere Synagogen, Ruinen oder Friedhöfe zurück. Nach 1945, in der sowjetischen Zeit, wurden diese Grundstücke jüdischen Besitzes "volkseigene" und damit war der Willkür Tür und Tor geöffnet. Die Reste jüdischer Präsenz fielen dem "sozialistischen Aufbau" und der langjährigen kommunistischen Herrschaft, die auch deutliche antisemitische Züge trug, zum Opfer. Die Entfremdung vom jüdischen Kulturerbe in der sowjetischen Zeit war so weit fortgeschritten, dass sie sich auch in der nach 1991 unabhängigen Ukraine nur sehr mühsam überwinden lässt.

In Czernowitz, der einstigen Hauptstadt der Bukowina, der östlichsten Provinz Österreich-Ungarns beziehungsweise des Habsburgerreiches, war das rumänische Besatzungsregime während des Zweiten Weltkrieges im Vergleich zum deutschen milder. Aber auch wenn das jüdische Kulturerbe der Stadt zunächst besser erhalten war, blieb es von Zerstörung und Verfall nicht verschont: Zahlreiche Synagogen und Bethäuser sowie andere von der Kultusgemeinde errichtete Bauwerke wurden in der Nachkriegszeit von den kommunistischen Herrschern enteignet und umgebaut oder umfunktioniert, die Friedhöfe zerstört oder dem Verfall überlassen.

Nach der Wende war die politische Elite der Ukraine primär mit dem Auf- und Umbau des nun unabhängigen Staates beschäftigt und schenkte den Problemen nationaler Minderheiten kaum Beachtung. Wegen der mangelnden Gesetzgebung im Bereich der Restitution von enteigneten Besitztümern auf der einen Seite, und der schrumpfenden jüdischen Bevölkerung der Stadt auf der anderen, setzten die Czernowitzer Behörden in ihrem Umgang mit dem jüdischen Kulturgut die alte sowjetische Linie weiter fort. Was nicht verstanden wurde, wurde ignoriert. Ab 2008, mit der Gründung des privaten Jüdischen Museums im Gebäude des ehemaligen Jüdischen Hauses wird nicht nur das reiche jüdische Kulturerbe Czernowitz für die Stadtbewohner und Gäste zugänglich gemacht, sondern auch die Stadtverwaltung verstärkt vor die Notwendigkeit gestellt, sich mit dem Problem der Erhaltung und vernünftigen Nutzung von einst jüdischen Bauten zu befassen.

Wie sieht die Situation heute aus? Welche Pläne gibt es für konkrete Objekte? Und wie gestaltet sich die Lage im benachbarten Rumänien, das seit 2007 EU-Mitglied ist und dessen nördlichster Teil mit der jetzt ukrainischen Nordbukowina historisch zusammengehört? Dr. Mykola Kuschnir geht in seinem Vortrag all diesen Fragen auf den Grund.

Über den Referenten:

Dr. Mykola Kuschnir wuchs in der Zentralukraine auf, studierte Geschichte an der Universität Czernowitz/ Chernivtsi und ist Leiter des Jüdischen Museums dort.

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